Ein
herzliches Willkommen an Thea Perleth. Ich durfte sie mit Fragen
löchern, sodass ihr die Chance habt, hier mehr über sie zu erfahren.
1.
Vorab möchte ich dir danken, dass du dir die Zeit für meine neugierigen
Fragen genommen hast. Möchtest du uns ein wenig über dich erzählen?
Liebe
Ann-Sophie, danke, dass du mir die Chance bietest, über mein Buch und auch ein
wenig über mich zu sprechen.
Es
gibt eigentlich nicht sehr viel zu sagen. Ich führe ein schrecklich normales
Leben. Seit fast dreißig Jahren bin ich verheiratet und gedenke, das nicht zu
ändern. Ich habe zwei Kinder großgezogen und bin selbst das Kind von Artisten.
Aufgewachsen bin ich als „Evangelische“ in einem katholischen Dorf in Bayern.
Diese widersprüchlichen und unvereinbaren Welten haben, denke ich, meinen Blick
auf die Menschen geschärft und mich tolerant werden lassen.
Als
Kind hatte ich eine blühende Phantasie und zu allem, was ich gesehen habe,
dachte ich mir sofort eine Geschichte aus. Die Schule habe ich in Bayern auf
dem zweiten Bildungsweg absolviert und danach studiert. Zuerst mit großer
Leidenschaft Biologie und danach mit noch größerer Leidenschaft nordische
Philologie und germanische Altertumskunde in München und in Dänemark.
Astrid
Lindgren war der Grund, weshalb ich mich schon als Kind in die heile,
skandinavische Welt gesehnt habe, die so heil gar nicht ist, wie ich im Studium
in Dänemark feststellen konnte. Da mir das kühle Wetter außerdem besser gefällt
als der heiße Süden, war alles perfekt für mich und meine Leidenschaft war
geweckt worden.
2. Wann hattest du das erste Mal den Gedanken, ein Buch zu schreiben?Aus welcher Motivation heraus?
Das
Schreiben ist mir schon immer leichtgefallen und an Fantasie hat es mir nie
gefehlt. Als ich auch noch während meines Literaturstudiums die Geschichte der
nordischen Länder von der Völkerwanderungszeit bis in die Neuzeit präsentiert
bekam, war ich infiziert. Das ging so weit, dass ich mich schon damals mit der
Konzeption eines Romans über Skandinaviens Wikingerzeit und da speziell über
die Besiedlung Islands befasste. Ich hatte einen Kommilitonen aus Island, der
meine Fantasie mit seinen Erzählungen zusätzlich befeuerte.
Darüber
hinaus habe ich im Studium gelernt, Bücher zu zerlegen, deren Struktur zu
erkennen, die Absichten des Autors zu diskutieren, Bücher zu bewerten und in
den historischen und gesellschaftlichen Kontext einzuordnen. Durch die Analyse
lernte ich implizit auch, Bücher zu konzipieren. Und schließlich dachte ich
daran, selbst zu schreiben. Das Thema war sehr schnell sehr klar umrissen und
irgendwann traut ich es mir zu und schrieb die ersten Texte. Doch damals fehlte
es an der Zeit, mich diesem Projekt völlig zu widmen. Arbeit und Familie gingen
vor und mein Projekt musste noch einige Jahre warten.
3.
Der erste Band deiner Reihe "Sturm auf Amber: Väter und Söhne" ist im
Juni dieses Jahres erschienen. Wie hastdu dich bei dieser
Veröffentlichung gefühlt?
Als
Sturm auf Amber - Väter und Söhne bei Amazon hochgeladen wurde, habe ich einen
verrückten Gefühlscocktail erlebt. Ich war sehr zufrieden damit, mein erstes
Buch veröffentlicht zu haben. Die anderen Bücher waren geschrieben, es konnte
jetzt so weitergehen.
Praktisch
zum selben Zeitpunkt meldeten sich erhebliche Zweifel an: Was hatte ich da
getan? War ich wirklich so anmaßend zu glauben, ich könnte schreiben? Doch ich
beruhigte mich. Ich hatte das Urteil eines befreundeten Profis, einer dänischen
Lektorin und Literaturagentin, die ihren professionellen Blick auf Sturm auf
Amber geworfen und mich gedrängt hatte, sofort in die Veröffentlichung zu
gehen. Doch noch heute habe ich Herzklopfen, wenn ich darüber nachdenke, dass
fremde Menschen mein Buch lesen.
Ja
und ich war sehr erschöpft. Ein Buch im Selbstverlag zu veröffentlichen, ist
mit sehr viel Aufwand verbunden. Schließlich muss man alles selbst machen. Vor
allen Dingen beim ersten Mal bekommt man auch ein wenig Panik, ob man alles
richtiggemacht hat und wie und ob Leser überhaupt auf das Buch reagieren
werden.
Außerdem
war ich dankbar. Ich hatte viel Unterstützung erhalten von meiner Familie und
Freunden. Alle waren mit Feuereifer dabei. Das machte mich sehr stolz.
4. Du hast ja schon einiges an Feddback bekommen. Bist du zufrieden mit der Reaktion deiner Leser?
Ich
bin rundum zufrieden mit den Reaktionen der Leser. Schließlich hat jeder, der
sich eine Meinung zu Sturm auf Amber gebildet hat, das Buch auch gelesen. Und
dafür bin ich sehr dankbar. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Autor, als
nicht wahrgenommen zu werden.
Im
Großen und Ganzen habe ich sehr schöne Rezensionen erhalten. Besonders auf den
Inhalt der Geschichte. Es gibt Menschen, die meine Art zu schreiben nicht
mögen, aber sie ist auf epische Fantasy zugeschnitten und passt in den Kontext.
Auch dass ich sehr präzise schreibe und ausführlich, langweilt den einen oder
anderen, der sich nicht auf diese Art zu erzählen einlassen möchte. Aber eine
Geschichte dieses Umfanges braucht ein ordentliches Fundament. Daher musste ich
gerade im ersten Buch die Personen und die Handlung sehr komplex anlegen, was
sogar mir manchmal zu viel wurde. Es war häufig ein logistisches Problem, alle
Handlungsstränge der vier Bücher schon im ersten Buch einzuführen und unter
einen Hut zu bringen. Die Leserpost und teilweise auch die Rezensionen, die ich
erhalte, zeigen mir aber, dass es sehr viele Menschen gibt, die gerade ein
gründlich angelegtes Buch mit sehr viel Tiefe und Stimmung erwarten.
5.
Bei Sturm auf Amber handelt es sich um den ersten Teil der Chroniken
der Nebelländer und liegt in vier Bänden vor. Deine Idee muss wirklich
sehr komplex sein. Das ist doch bestimmt nicht immer leicht gewesen. Hattest du auch mal Schwierigkeiten beim Schreiben oder der Konzeption der Reihe?
Das
ist richtig. Die Idee der Nebelländer ist ungeheuer komplex und es gab einige
Krisen, bis die vierteilige Reihe Sturm auf Amber fertiggestellt war. Besonders
am Anfang war alles sehr dramatisch. Ich plante den Aufbau, umriss die Personen
und schrieb sehr schnell die ersten zwei Bücher. Doch auch wenn die Geschichte
spannend war, so sie viel zu kompliziert. Das ständige Springen zwischen der
Besiedlung Snelands und der Handlung auf Amber war zu unübersichtlich geworden
und verwirrte alle. Deshalb entschloss ich mich schweren Herzens, die
Besiedlung Snelands zurückzustellen. Die erste Reihe nannte ich Sturm auf Amber
und sie musste zuerst fertiggestellt werden. Das hieß, das erste und das zweite
Buch vollständig zu teilen und neu aufzustellen. Die Konzeption für Amber und
Sneland musste neu erstellt werden und dabei hat sich dann
herauskristallisiert, dass ich noch Stoff für eine weitere Reihe, Etaldir,
hatte. Aus anfänglich einem einzigen geplanten Buch über die Besiedlung
Islands, die einen kurzen Blick auf die Ereignisse in England werfen sollte,
war sehr schnell das Riesenprojekt Chroniken der Nebelländer geworden. Es
kostete alles viel Zeit und Energie aber es gelang. Mittlerweile ist nicht nur
Sturm auf Amber fertiggestellt, auch das fünfte Buch Sneland - Der Weg nach
Norden ist schon fast geschrieben.
6. Zu deiner Thematik gehört ja vor allem Island und die Wikingerzeit Englands. Was fasziniert dich daran so?
Mich
fasziniert an Island, dass die Insel von zähen, unabhängigen Menschen besiedelt
wurde, die mit ihrer Heimat in Konflikt standen oder sich der Staatsmacht nicht
anpassen wollten. Sie haben sich die raue Insel erobert und die erste
Demokratie in Europa seit der Antike gegründet. Auf dem Alting, auf dem sich
jährlich die Goden, eine Art gewählte Volksvertreter, und ihre Gefolgsleute
trafen, wurden Gesetze formuliert und es wurde Recht gesprochen. Jeder freie
Mann durfte hier seine Probleme vorbringen.
Die
Wikinger haben auf dem Meer die Welt erkundet. Klar, sie haben in England und
Europa geraubt und geplündert, aber das taten andere auch. Sie haben aber auch
große Teile Englands über mehrere Jahrhunderte besiedelt und mit dem Danelag,
dem Teil Englands, in dem dänisches Recht galt, England entschieden ihren
Stempel aufgedrückt. Ihre Frauen hatten eindeutig mehr Rechte als die
christlichen Frauen Englands. Sie haben in England Städte gegründet und
gesiedelt und damit die Menschen und ihre Kultur verändert. Ein Mann, der in
einen niedrigen Stand hinein geboren wurde, konnte trotzdem Ruhm und Macht
erringen. Es lag in seiner Hand. So könnte ich ewig weitermachen. Doch weiß ich
sehr wohl, dass ich in der Wikingerzeit nicht glücklich geworden wäre. Einem
Wikinger wäre ich ungern begegnet. Die Sklavenhaltung verachte ich, die Gewalt
ihrer Raubzüge ebenso. Es war schließlich ein ganzer Haufen egoistischer
Männer, die sich unrechtmäßig am Reichtum anderer Nationen bereichert hatten. Für
einen Wikinger zählte die Familie und das eigene Land. Am Reichtum anderer
Länder konnte man sich schamlos bereichern, ohne in der Heimat bestraft zu
werden. Im Gegenteil, es sicherte ihnen Macht und Ansehen zu Hause, jedenfalls
anfänglich. Mit der Christianisierung Skandinaviens änderte sich das. Wikinger
waren niemals edel oder bewunderungswürdig, aber ausgezeichnete Seefahrer und
sie haben für einige Jahrhunderte Europa mitgeprägt.
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