Dienstag, 16. April 2019

Ein Fantasyautor und die Geschichte seine Debüts ... Runde 7 bei "Look around - Gesichter des Fantasy"

Es ist wieder Zeit für "Look around - Gesichter des Fantasy"! Heute sogar einmal mit einem Autor statt einer Autorin. Die Frauen haben in der Bewerbung um die Teilnahme bei meiner Aktion wirklich sehr in der Überzahl gelegen :)

Dass den Männern das Schreiben genauso liegt, beweist uns heute Kai Kemnitz, der sogar in das Beantworten meiner Interviewfragen ganz viel Zeit und Freude gesteckt hat, was mich sehr glücklich gemacht hat! Ihr könnt gespannt sein auf zahlreiche Infos!

Die letzte Runde habe ich mit Luise Ruthe abgehalten, über die ihr gleich hier im Beitrag mehr erfahren könnt!




Kai Kemnitz verrät mehr ...

1. Würdest du am Anfang ein wenig über dich erzählen? Was bist du für ein Mensch? Was macht dich aus?

©Kai Kemnitz 
Ich bin vor allem ein Mensch, der schlecht etwas über sich selbst erzählen kann. Daher beginne ich mit dem einfachen Teil – den Fakten: Ich bin vor einigen Tagen 42 Jahre alt geworden. Ich bin verheiratet und wohne zusammen mit meiner Frau auf einem kleinen Resthof mitten auf dem Land. Unsere ständigen Mitbewohner sind sechs Katzen, zwei Pferde und seit kurzem vier Laufenten. Ich verdiene meine Brötchen als selbstständiger Web- und Printdesigner, was als Selfpublisher den großen Vorteil mit sich bringt, dass ich mich ohne zusätzliche finanzielle Belastung um die Gestaltung meiner Bücher selber kümmern kann.
Es war ein langer Weg mit viel auf und ab, bis ich herausgefunden habe, was mich ausmacht. Ich liebe meine Freiheit und Selbstbestimmung. Nichts ist schlimmer für mich als ein »Muss« - da mache ich ganz schnell dicht und stelle mich quer. Gepaart mit meiner Sturheit hat das schon seltsame Blüten getragen. Jeden Tag von morgens bis abends im Büro sitzen und repetitive Arbeiten erledigen, ist nichts für mich und macht mich – wie die Vergangenheit gezeigt hat – krank. Ich muss meiner Kreativität freien Lauf lassen können – und diese Möglichkeit habe ich sowohl bei meiner beruflichen Tätigkeit als auch bei meiner Schreiberei gefunden.

2. Dafür, dass du vermeintlich schlecht darin bist, hast du uns wahnsinnig viel erzählt! Danke dafür!  Wo hat die Geschichte deines Autorenlebens eigentlich ihren Anfang? Wie hast du zum Schreiben gefunden?
Ich habe schon als kleiner Junge mit dem Schreiben angefangen. Mit acht Jahren habe ich mir eine Schreibmaschine (damals noch mechanisch, so richtig mit Farbband und klappernden Tasten) zu Weihnachten gewünscht und sie auch bekommen. Darauf (und teilweise auf der elektrischen Schreibmaschine meiner Eltern) ist dann mein erstes »Buch« entstanden: Heinz und seine Abenteuer (zu lesen auf meiner Website: https://www.kai-kemnitz.de/article/16 ).Schon damals war ein gewisser Hang zur Fantasy zu erkennen. Ich habe mittendrin aufgehört, warum kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. Genauso kann ich heute nicht mehr sagen, was mich eigentlich dazu getrieben hat, mit dem Schreiben anzufangen.
Das Schreiben hat mich seitdem mein ganzes Leben begleitet. Ich habe recht bald zum Pen&Paper-Rollenspiel gefunden und mich beim Schreiben vor allem darauf konzentriert. Hintergrundgeschichten für meine Spielcharaktere, Beschreibungen von magischen Gegenständen, Örtlichkeiten, Personen oder ganze Abenteuervorlagen und vieles mehr füllten diverse Hefte, bevor ich mich an die Entwicklung eigener Regelsysteme wagte. Davon sind unterschiedliche entstanden, bevor ich irgendwann »mein Baby« gefunden hatte, das später auf den Namen »Samyra« getauft wurde.
Um es abzukürzen und nicht jeden Zwischenschritt zu erwähnen: Samyra hat mich viele Jahre begleitet, in denen es sich stetig weiterentwickelte: eigene Welt, eigene Rassen, Kulturen, Religionen, Kreaturen und ein vollständiges Regelsystem. Zunächst auf vielen, vielen Zetteln zusammengetragen, entstand daraus 2012 das Grundregelwerk, das in gedruckter Form erschienen ist. Das war das erste Buch, das ich veröffentlicht habe. 2017 folgte dann das Zauberbuch, eine Regelerweiterung, die sich auf die Magie fokussierte. Beide Bücher wurden zunächst über eine Online-Druckerei gedruckt und über einen kleinen Webshop verkauft, mittlerweile sind sie beide bei Amazon erhältlich.
Als ich das Grundregelwerk geschrieben habe, habe ich festgestellt, dass die sachlichen Regeltexte kaum die Atmosphäre der Welt transportierten. Sehr spontan habe ich mich daher entschieden, jedes Kapitel mit einem Teil einer Geschichte einzuleiten, die sich durch das gesamte Regelwerk ziehen sollte. Der Plan war, die Geschichte in folgenden Regelbänden weiterzuführen, allerdings stellte sich das schon mit dem Erscheinen des Zauberbuchs als nicht durchführbar heraus. So blieb die Geschichte lange unvollendet.
Warum erzähle ich das alles? Weil noch der letzte Bogen fehlt, wie ich zum Schreiben von Romanen gekommen bin, denn das hängt maßbeglich mit dem Rollenspiel zusammen. Es gab zum einen von meiner Frau, zum anderen auch von einigen Spielern immer mal wieder die Frage, wann bzw. ob die Geschichte aus dem Grundregelwerk weitergeht. Ich hatte durchaus Lust, sie weiterzuschreiben, doch ich wollte nicht noch ein Buch haben, um dessen Vertrieb ich mich kümmern musste. Als ein Schulfreund von mir 2018 eine seiner alten Geschichten überarbeitete und sie bei Amazon veröffentlichte, wurde ich dadurch auf diese Möglichkeit aufmerksam. Und dann ging alles recht schnell: Ich habe die Geschichte aus dem Grundregelwerk überarbeitet, weitergesponnen und schließlich zum Abschluss gebracht. Entstanden ist daraus der Roman »Ailcos Fluch«, der im November 2018 veröffentlicht wurde.

3. Bisher ist von dir der Roman „Ailcos Fluch“ erschienen. Was ist das für eine Geschichte? Was macht sie deiner Meinung nach aus, was können die Leser erwarten?
In der Geschichte geht es um Ailco, einen ehemaligen Stadtwächter aus gutem Hause mit entsprechend hohem Ansehen und Reichtum. Wegen eines Fehltritts wird er verurteilt und in die Gefängnisstadt Kal Hadun verbannt. Er muss schnell feststellen, dass dort einiges anders läuft und vieles nicht so ist, wie es scheint. Abgesehen davon, dass seine Weltanschauung völlig auf den Kopf gestellt wird, muss er sich recht bald mit seltsamen Symptomen einer vermeintlichen Krankheit herumplagen. Zusammen mit neu gefundenen Freunden versucht er den Grund und letztlich auch eine Heilung dafür zu finden.


Die Geschichte wird aus Ailcos Sicht erzählt und offenbart somit viel von dem, was in ihm vorgeht. Der Leser nimmt teil an seinen Gedanken, seinen Sorgen und Nöten und erlebt hautnah den durch die »Krankheit« verursachten und sich zuspitzenden Konflikt, der in Ailco tobt. [Mini-Spoiler] Im Verlauf des Buches wechselt die Erzählperspektive immer wieder zwischen Ailco und dem, was sich in ihm eingenistet hat, wodurch der Konflikt zwischen den beiden sehr präsent wird. [Spoiler Ende]
Den Leser erwartet ein klassischer Fantasyroman, der laut Aussage der Rezensenten wohl düster ist. Ich hatte zu Anfang Probleme mit der Bezeichnung, weil es für mich einfach ein normaler Fantasyroman ist, aber mittlerweile weiß ich, was sie damit meinen: Die Umgebung ist unfreundlich, es gibt viele Auf und Abs, nicht alles läuft nach Plan. Ailco – und auch seine Begleiter – sind keine strahlenden Helden, sondern einfach nur vom Schicksal gebeutelt und lange Zeit sieht es so aus, als wäre dieses Schicksal unabwendbar. Gepaart mit einigen unerwarteten Wendungen und einiger Action, entsteht daraus ein spannender Trip durch die Gefängnisstadt Kal Hadun.

©Pixabay
4. Warum hast du dich gerade für das Genre Fantasy entschieden? Was hebt dieses Genre deiner Meinung nach von den anderen ab oder was macht es besonders für dich?
Fantasy war schon immer mein Steckenpferd – und deine Frage bringt mich dazu, das erste Mal darüber nachzudenken, warum das so ist. Eine Antwort zu finden, ist gar nicht so leicht.
Ich habe schon immer fast ausschließlich Fantasy gelesen. Ich liebe es, in fremde Welten mit ihren häufig seltsamen Kreaturen, ihrer Magie und ihren eigentümlichen Kulturen einzutauchen und einfach alles um mich herum zu vergessen. Durch das Pen&Paper-Rollenspiel habe ich zudem die Möglichkeit gefunden, das alles (zumindest imaginär) direkt zu erleben und Einfluss darauf zu nehmen. Mit unterschiedlichsten Charakteren Abenteuer zu erleben, ist einfach nur großartig.
Ich habe im Grunde nie bewusst die Entscheidung treffen müssen, im Fantasybereich zu schreiben, weil ich mir nie die Frage gestellt habe. Es war für mich immer klar. Alle Ideen, die in meinem Kopf herumschwirren, kommen aus dem Bereich der Fantasy – ich lebe und liebe dieses Genre. Daher kam nie etwas Anderes in Frage.
Ich liebe an dem Genre die kreative Freiheit. Ich arbeite bereits seit fast zwanzig Jahren an meinem Rollenspiel und vor allem an der damit verbundenen Welt. Und das ist ein Puzzle, das nie zu Ende ist. Ich liebe es, wenn einzelne Bausteine ineinandergreifen oder mit Absicht gegensätzlich sind. Es entstehen immer neue Fragen, die beantwortet werden müssen und für die eine Lösung gefunden werden muss. Wie funktioniert die Welt? Wie funktionieren Gesellschaftsstrukturen? Welche Naturgesetzte gibt es, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass Magie als zusätzliche Energiequelle genutzt werden kann? Nicht nur während des Spielens, sondern auch beim Schreiben muss ich mir immer wieder neue Antworten ausdenken, die stimmig ins Gesamtkonzept passen.
Ich liebe es, meine Welt nicht nur durch das Spielen, sondern jetzt auch durch das Schreiben weiter lebendig zu machen und darin abzutauchen – und vor allem durch die Romane auch andere davon begeistern zu können.

5. Wie kommen deine Charaktere zustande? Würdest du uns etwas über ihren Entstehungsprozess erzählen?
©Pixabay
Meine Charaktere basieren auf drei Grundlagen: Rollenspielerfahrung, Spontaneität und der Welt.
Ich gehe dabei vor, wie ich es auch mache, wenn ich einen neuen Rollenspiel-Charakter entwerfe. Ich überlege mir einen Grundtyp, beginnend mit der Frage: Kämpfer oder Zauberer? Dann überlege ich mir grob, was der Charakter können soll, wie viel Erfahrung er schon hat und wie gut er seine Fähigkeiten beherrscht. Mit der Frage der Rasse und des Herkunftslandes klären sich grundlegende Dinge wie die allgemeine Persönlichkeit und die Sozialisation. Dann gibt es noch einen sehr oberflächlichen Hintergrund: Beruf, Elternhaus, Stand, Aussehen – vieles davon ergibt sich logisch aus den vorher festgelegten Eckdaten.
Wenn ich beim Schreiben mit den Charakteren »arbeite«, fließt die Spontaneität ein. Am Spieltisch ist es egal, wie detailliert ein Charakter ausgearbeitet ist, er wird immer wieder mit Situationen konfrontiert, über die man sich zuvor nie Gedanken gemacht hat. In solchen Situationen muss man spontan entscheiden, wie er reagiert. Dadurch formt er sich nach und nach immer weiter aus. Ähnlich läuft es bei mir auch beim Schreiben. Wenn es sich passend anfühlt, dürfen meine Charaktere gerne ein Eigenleben entwickeln, selbst wenn mir das mehr Arbeit macht. Dass Ailco Raumangst hat, hätte ich zum Beispiel nicht erwartet. Von den versteckten Fähigkeiten der kleinen Xala will ich gar nicht sprechen (vor allem, weil es ein Spoiler wäre). Die Geschichte von Herok hat sich auch erst beim Schreiben entwickelt und war so nicht einmal im Ansatz geplant.
Über kleine Nebenfiguren (z.B. den Wirt in der Taverne oder den Händler von nebenan) mache ich mir im Grunde gar keine Gedanken, sondern rufe nur meine Rollenspielerfahrung ab. Als Spielleiter muss man sich oft auf die Schnelle Nichtspielerfiguren ausdenken, auf die die Spieler treffen. Nach mittlerweile mehr als 25 Jahren Spielen schüttele ich diese Figuren quasi ohne viel Nachdenken aus dem Ärmel. Auf Basis der Rasse, der Herkunft und einiger spontan durch den Kopf schießender Eigenschaften entstehen dabei Figuren, die zwar keinen besonderen Tiefgang haben, aber authentisch und selbstständig sind, mit eigener Stimme und eigener Persönlichkeit. Grag aus »Ailcos Fluch« ist z.B. einer dieser Charaktere. Obwohl er zu keiner Zeit im Mittelpunkt stand und lediglich die Aufgabe hatte, den Gefährten für eine Nacht eine Unterkunft zu geben, wünschten sich einige Leser, mehr über ihn und seine Geschichte zu erfahren.

6. Was war bisher das Verrückteste, was du als Autor erlebt hast? Gab es da schon Situationen für dich, die du sonst in deinem Alltag nicht erlebt hättest?
Bisher gab es nichts, was ich als »verrückt« bezeichnen würde, allerdings gab es einige Überraschungen. Vor allem die (bisher) durchweg positiven Reaktionen auf den Roman und die guten bis sehr guten Rezensionen haben mich überrascht. Damit hätte ich niemals gerechnet.
Überhaupt hat mich die Reaktion auf den Roman überrascht. Immerhin hatte ich vorher schon zwei Bücher veröffentlicht, die (das muss man einfach so sagen) sehr viel umfangreicher und aufwändiger waren. Die Reaktionen auf die Regelwerke waren vor allem im Familienkreis deutlich verhaltener und eher im Bereich »Spinnerei« einzusortieren. Der Roman löste dagegen deutlich mehr Anerkennung aus. »So ein dickes Buch«, wurde da gestaunt, obwohl z.B. das Grundregelwerk meines Rollenspiels kaum weniger Seiten hat und es sich dabei um zweispaltige und recht eng beschriebene DIN A4-Seiten handelt. Die reine Textmenge ist also um ein Vielfaches höher als beim Roman. Aber ein »echtes« Buch hat anscheinend einen ganz anderen Stellenwert als ein Regelwerk.
Das wirklich Verrückteste, das ich erleben durfte – und immer noch erlebe – ist die gesamte Buchcommunity. Ihr Bücherwürmer seid alle total verrückt und total liebenswürdig. Ich liebe verrückte Menschen und freue mich, dass ich so viele neue durchgeknallte und begeisterte, super nette und liebe Menschen kennenlernen durfte und darf!

©Kai Kemnitz
7. Was wünschst du dir von deiner Zukunft als Autor? Was möchtest du als Autor erreichen?
Ich bin ja erst am Anfang meiner »Karriere«. Zweifellos werden weitere Bücher von mir folgen, aber ich habe mir kein definiertes Ziel gesteckt, sondern lasse erstmal alles auf mich wirken und auf mich zukommen. Ich habe in den letzten Monaten so viele neue Dinge kennengelernt und trotzdem ist noch vieles neu für mich. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass es so weitergeht, dass ich viele Leser mit meinen Geschichten erfreuen kann und dass ich viele neue Leute kennenlerne.

8. Wie sieht es bei dir hinter den Kulissen aus? Woran arbeitest du gerade?
Ich arbeite momentan an der Fortsetzung zu »Ailcos Fluch«, die im Sommer erscheinen soll. Wenn alles klappt, soll bereits im Winter der dritte und (vorerst) letzte Teil folgen.
Nebenbei entstehen bereits die ersten Ideen für Bücher der »Post-Ailco-Zeit«. Geplant ist auf jeden Fall ein Einzelband, der schon seit geraumer Zeit in meinem Kopf herumspukt. Dann gibt es noch Ideen für zwei längere Geschichten (also vermutlich Reihen) sowie rudimentäre Ideen für weitere Einzelbände.

Alle Planungen sind im Fantasybereich und auf der Welt Samyra angesiedelt – und es ist kein Ende in Sicht. Es ist also zu erwarten, dass in den nächsten Jahren noch einige Geschichten folgen werden.



Cover/Klapptext: Kai Kemnitz
Sein umfangreiches Debütwerk
Auf 539 Seiten begeistert der Selfpublisher seit November 2018 zahlreiche Leser. Das Ebook gibt es für 3,99€ und das Taschenbuch für 14,99€.
Darum geht es:
Das Böse lauert ...
Die Magier verbannen Ailco, einstmals Hauptmann der Stadtwache, in die berüchtigte Gefängnisstadt Kal Hadun.
Während er mit Hilfe des langjährigen Insassen Alharrassan die Stadt erkundet, wird er von Albträumen und Halluzinationen befallen, die sich stetig verschlimmern.
Bald offenbart sich, dass hinter der vermeintlichen Krankheit eine Bedrohung lauert, die nicht nur Ailcos Leben gefährdet. Doch eine Rettung scheint es nur außerhalb der Mauern von Kal Hadun zu geben.
Hingabe oder Widerstand? Du musst dich entscheiden, wenn das Böse in dir erwacht.

Auch Kai Kemnitz habe ich nach seiner Meinung zu seinem Buch gefragt:
Als ich den Entschluss fasste, die Geschichte aus dem Regelwerk zu einem Roman auszuarbeiten (s. Interview), dachte ich, dass das recht schnell und problemlos gehen würde – die ersten 150 Seiten waren ja schon fertig. Ich habe also lustig drauf losgeschrieben und schnell gemerkt, dass es so nicht funktioniert. Ich hatte keine Idee, wohin sich die Geschichte entwickeln sollte. Was und wer steckte hinter dem Ganzen? Was sollte überhaupt noch passieren? Es musste erstmal ein zumindest grober Plan her. Und das gestaltete sich schwieriger als gedacht. Die Geschichte im Regelwerk war völlig aus dem Bauch heraus entstanden, ohne einen großen Plot oder einen Blick auf die weitere Entwicklung. Das wieder hinzubiegen und alles stimmig zusammenzufügen, war enorm aufwändig. Nachdem ich endlich ein zumindest halbwegs zusammenhängendes Etwas entwickelt hatte, konnte ich weiterschreiben. Doch es kamen immer wieder Fragen auf. »Macht das überhaupt Sinn?«, »Ist das spannend?«. Der Plot selbst hat sich im Laufe des Schreibens mehrere Male verändert. Aus dem Täter wurde ein Opfer und Nebenfiguren wurden zu Hauptakteuren. Die Auflösung der Geschichte wie sie jetzt ist, hat mit den ersten, zweiten und x-ten Ideen nichts mehr gemeinsam – und das ist gut so.
Hinzu kam, dass der erste Teil nicht nur inhaltliche Schwächen hatte, sondern auch sprachlich einfach schlecht war. Es hat viele Überarbeitungen gebraucht, um ihn zu schleifen und an den Stil des neuen Teils anzupassen.
Völlig unterschätzt habe ich die Länge des Buches. Nachdem der bereits existierende Teil etwa 150 Seiten umfasste, rechnete ich mit nochmal der gleichen Menge. Als nach 300 Seiten noch kein Ende in Sicht war, erhöhte ich auf 400 Seiten. Dass am Ende deutlich mehr als 500 Seiten dabei rausgekommen sind, hat mich mehr als überrascht.
Trotz (oder vielleicht wegen?) der Schwierigkeiten bin ich sehr stolz auf mein Romandebüt, und die durchweg positiven Rückmeldungen von den Lesern legen nahe, dass ich wohl irgendwas richtig gemacht habe.

Eure Ann-Sophie


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